Ich befinde mich in einem Zug. Abfahrtsort, das Ungewisse. Ziel, Klarheit. Reisedauer, unbekannt. Ich fahre nun schon seit etlichen Jahren mit. Bis anhin, hielt der Zug nur einige Male kurz an, um einige Leute ein oder aussteigen zu lassen. Manche von ihnen standen mir nahe, setzten sich zu mir, wir leisteten uns gegenseitig Gesellschaft um uns die Fahrt zu verkürzen. Und uns gemeinsam an den schönen Landschaften zu erfreuen und dann wieder ablenken, wenn wir durch heruntergekommene Gegenden fuhren, in denen es zu viele eklige Kurven gab. Andere konnte ich nicht ausstehen, und ich duldete sie nicht in meinem Abteil und schmiss sie über kurz oder lang raus. Nun muss ich mit ansehen, wie jemand von ihnen auf dem Gleis steht. Jemand der mir sehr nahe steht. Die Person hatte mich über längere Zeit begleitet. Ich hatte bemerkt, dass sie schon vor längerem ausgestiegen war, da diese Fahrt nicht ihren Vorstellungen entsprach. Der Zug fuhr ihr nicht schnell genug, es bestanden keine aussergewöhnlichen Gefahren, keine Aufregung. Kein Nervenkitzel. Ich hätte es verhindern müssen, blieb jedoch sitzen. In der Ferne hört man schon das Rattern auf den Schienen. Sie steht immer noch dort. Regunglos. Ohne ein Anzeichen von Angst, Panik zu sterben, geschweige denn flüchten wollen ehe es zu spät ist. Es scheint, als ob sie darauf wartete, ja als ob sie genau weiss was ihr bevor steht, es ist ihr nur egal. Anfangs versuche ich noch mit Schreien die Person zur Flucht zu bewegen. Doch es ist sinnlos und ich weiss es. Sie hört mich nicht. Sie will mich nicht hören. Ich schleisse die Augen. Für lange Zeit. Die warmen Sonnenstrahlen, welche eindringlich auf die Scheiben knallen, bewegen mich dazu meine Lider sanft anzuheben. Schliesslich öffne ich die Augen. Ich weiss nicht wie lange ich so verweilt war. 1 Minute, eine Woche, ein Jahr? Eine halbe Ewigkeit. Ich kann es beim besten Willen nicht sagen. Ich benötige einen Moment um mich zu fassen und um mich an das Vergangene zu erinnern. Da fällt mir wieder dieser leere Blick ein, der mich sofort wieder erschaudern lässt. Ob dessen Atem noch irgendwo existiert oder womöglich durch den Kontakt mit dem rasenden Gefährt jäh beendet wurde? da ich wegsah, bin ich unfähig dies zu sagen. Mir bleibt nichts weiter als zu warten. Warten, dass dieser Mensch wieder vor mir steht. Hoffen, dass er mir von seiner Auszeit erzählt, den vielen Dingen die er fernab meiner Reise erlebt hat. Warten darauf, dass ich vergesse, wie er aussah, als ich ihn das letzte Mal sah, dass der kalte, gleichgültige Blick und die boshaften Worte verschwunden sind, da die Reise ohnehin weiter geht. Sollte ich aussteigen, müsste ich nie mehr einen solchen Anblick erleiden müssen, doch würde ich nie erfahren, wohin ich gekommen wäre, hätte ich mich entschieden, die Fahrt zu beenden. Es gibt noch so vieles das ich sehen möchte, von dem ich ahne, ja sogar spüre, dass es irgendwo in der Ferne auf mich wartet. Ich weiss, dass ich nicht gehen darf. Denn um zu leben, muss ich bleiben. Labels: Schmerzendes, Zwischenmenschliches |
danke für den zaunpfahl.
da muss ich doch sofort die lebensdauer meines ga's um ein jahr verlängern...
...oder wie falco sagen würde:
ich schenk dir gestern, heut und morgen
dann schliesst sich der kreis, kein weg zurück
das weisse licht kommt näher, stück für stück
will mich ergeben
muss ich denn sterben
um zu leben?