15.7.06
Wartzezeit

Wütend laufe ich weg.
Die Rolltreppe hinunter, zwischen all den Menschen hindurch.
Ich bin allein.
Niemand folgt mir.
Verzweifelt suche ich einen brauchbaren Laden. Fehlanzeige.
Mit raschen Schritten bahne ich mir einen Weg durch das Gedränge, um anschliessend bei meinem Ausgangspunkt zu landen. Noch einmal suche ich, und werde in einem der unzähligen Kioske fündig. Da liegt er; der wohl billigste Notizblock meines Lebens, kostete in der teuersten Stadt der Schweiz gerade mal 1.80 Fr.
Mit diesem setze ich mich schwindlig, wütend und entnervt auf eine Bank. Neben mir sitzen 2 junge Kerle, eine ältere Frau, auf ihren Mann wartend. Den Ring habe ich mit verachtendem Blick filmreif in meine Tasche geschmissen.
Ich beginne zu schreiben. Es geht wie von selbst. Die Worte füllen das Papier sichtlich. Die beiden Kerle gehen. An ihrer Stelle setzt sich zunächst ein junger Mann mit Zigarette hin. Noch einige Wechsel folgen. Ich jedoch verweile weitherin an diesem Platz. Hastig führe ich den Stift übers Papier.
Es wird ruhiger um mich. Die Menschenmengen scheinen zu verschwinden. Ein rascher Blick auf die antike Uhr verrät mir, dass auch ich mich langsam erheben und weitergehen muss. Eine stattliche dreiviertel Stunde sass ich hier. Nun gehe ich zur Anzeigetafel um das richtige Gleis ausfindig zu machen, was mir wundersamerweise auf Anhieb gelingt.
Zwar finde ich die Lounge nicht leer vor, doch ich ergattere einen netten Platz, an welchem ich mein Schreiben fortsetzten kann.
Leider kann ich mich nicht völlig entspannen, da mir mein Handy stets mitteilt, dass mich eine Person, mit der ich momentan in keinster Weise kommunizieren möchte, zu erreichen versucht. Entnervt drücke ich die rote Telefonhörertaste.
Flughafen. Kurzer Halt. Weiter geht's.
Ein flaues Gefühl schlägt auf den Magen.
Hoffentlich werde ich nicht gesucht, schon gar nicht gefunden.
Oder doch? Würde es mich nicht doch freuen? Darüber zu philosophieren bereitet mir Kopfschmerzen, also unterlasse ich es.
Weitere Störung durch Konducteur folgt.
Am liebsten würde ich ewig im Nichts umherfahren. Mit niemandem reden. Nicht nachdenken. Keine Rechenschaft darüber ablegen was man gesagt, oder getan hat. Einfach nur gedankenlos Musik hören.
Ich werde doch gefunden.
Ungefragt in den Arm genommen, gestreichelt, geküsst.
Wer hätte gedacht, dass genau diese Handlungen so schmerzhaft sein können?
Dem Gespräch gebe ich keine Überlebenschance. Es nützt nichts. So scheint es mir. Es bringt nur Wut und Enttäuschung. Trauer weil man nicht ernstgenommen, respektiert wird.
Trotzdem will ich mir nicht vorstellen, dass diese eine Szene, eine Lapalie für das Ende ausschlaggebend sein soll?
So sollte die Geschichte nicht zu Ende gehen. Das ironische an der Sache ist nur, dass ich das Ende grössten Teils selbst geschrieben habe. Ob es sich noch umschreiben lässt, weiss nur der morgen.


© Sophie




posted by Sophiemotion @ 00:02  
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